Samstag, August 07, 2010

HAPPYCUT 3000

oder

wie das Universum zugunsten seiner Rettung um die Revolutionierung der Gartenarbeit betrogen wurde

George Lucas zugeeignet


Das meiste was man - insofern sich überhaupt etwas in Erfahrung bringen lässt – von dieser Geschichte zu hören bekommt, ist Jedi-Propaganda. Dementsprechend werden die wirklichen Sachverhalte der Gründung des Jedi Ordens den wenigsten Anwesenden bekannt sein.
Und auch mir selbst wären sie ohne Zweifel verborgen geblieben, hätte ich nicht auf einem olowokischen Trödelmarktplanetoiden jenes kuriose Kleinod erstanden.
Dabei handelt es sich um zwei kleine, durch ein Gelenk miteinander verbundene Zylinder, beinahe an den Griff einer Schere oder Zange erinnernd, in deren Innerem sich jeweils ein kleiner Handreaktor, und ein komplexes Gebilde aus Linsen und Prismen befindet.
Das Gerät ist nicht mehr funktionstüchtig und die Spulen des Handreaktors sind weitgehend defekt. Dennoch ist deutlich und zweifelsfrei zu erkennen, worum es sich bei diesem Gerät ursprünglich handelte: eine Lasergartenschere.
Sie ist zweifelsohne eine Art Antiquität. Mit Sicherheit mehrere hundert Jahre alt. Der Insektoide, der sie mir verkaufte, wusste über sie nicht mehr zu erzählen. In einem der Griffelemente jedoch ist - wenn auch beinahe völlig verwittert – der Name der Herstellerfirma zu erkennen: Happy Garden.
Neugierig geworden begann ich bald mit einigen Nachforschungen:
Die Firma Happy Garden war eine Tochter der Happy Planet GmbH gewesen, deren Hauptfirmensitz vor Urzeiten auf Wuttke 12 im Industriegebiet der Wagowoden Monde gelegen hatte. Laut Interstellarnet hat der Planet seit damals etwa 200 Mal den Besitzer gewechselt und ist inzwischen eine Schockfrosterei für Quallenpralinen.
Was angesprochene Lasergartenschere anging, so hatte der Happy Planet Ableger, den spärlichen Einträgen der örtlichen Industriearchive zufolge, vor ungefähr 900 Jahren mit ihrer Serienpoduktion begonnen, um diese aber keine drei Jahre später wieder einzustellen.
Die Ursache dafür war ein durch den Patentplaneten Septimus Zongh erhobener Einspruch, den dieser aufgrund eines, vom Vorsitzenden eines neu gegründeten Vereines eingereichten beglaubigten Patentantrages führte. Besagter Verein trug damals noch den wenig wohlklingenden Namen GVJGFRU, „gemeinnützige Vereinigung der Jedi für gemeinschaftliche Freizeitgestaltung und die Rettung des Universums“.
Für die meisten war der Fall klar: Happy Garden hatte versucht, sich einer fremdentwickelten Erfindung zu bemächtigen, um diese zu vermarkten und die eigene Position im Marktsegment Gartenarbeit nachhaltig zu optimieren.
Dabei war die Lasergartenschere, die inzwischen den verkaufsfördernden Namen HappyCut 3000 bekommen hatte, durchaus praktisch. Genau genommen sogar weit praktischer als das Patent des dubiosen Vereines. Denn während man mit der HappyCut problemlos die überwucherten Planetenoberflächen von Rühling VII und Borngroll III zu zivilisierten Gärten hätte machen können, war das Patent der Jedi - das übrigens den pathetischen Namen Lichtschwert bekommen hatte - kaum etwas anderes als ein leuchtender Knüppel, mit dem man anderen Leuten eins überziehen konnte.
Das Funktionsprinzip aber war das gleiche.
Und eben da lag das Patentproblem.
Dennoch weigerte der Geschäftsführer von Happy Planet sich zunächst, die Produktion einzustellen. Die Lasergartenschere war das ultimative Gerät zur intergalaktischen Gartenarbeit auf großen und kleinen Planeten, und konnte dabei nicht nur zur Moosentfernung aus den Fugen künstlicher Planeten, sondern auch zur Erhitzung von Fertiggerichten benutzt werden. Kurzum, das Gerät war der Trumpf der Firma, die sich von dem Ding mindestens ebenso viel versprach, wie sie zuvor investiert hatte.
Zumal auch Exklusivverträge mit den Betreibern der Schrebergartenkolonien im Quintasi Sektor einige Umsatz erwarten ließen.
Happy Planet ließ es also auf einen Prozess ankommen.
Im Lauf eben dieses Prozesses - dessen Unterlagen nach dem großen EMP Debakel im Archivgeschwader der föderierten Großgerichtsbarkeit nicht mehr ganz vollständig sind - fanden zahlreiche Kreuzverhöre statt, die den aufmerksamen Prozessbeobachter durchaus stutzen ließen.
Da gab es etwa die Aussage eines jungen Ex-Jedi, der den Verein aufgrund unüberbrückbarer persönlicher Differenzen verlassen und wenig später das Sith Ferienlager auf Golgoroth Neun gegründet hatte. Ihm zufolge war schon im Zuge der Gründung des Vereines darüber nachgedacht worden, mit welcher Art von Vorrichtung die Jedi jenen fragmentarisch paramilitärischen Charakter ihrer Organisation betonen konnten. Günstig zu erwerben waren zu jenem Zeitpunkt einige Dutzend großkalibriger Rotorkanonen, die nach der fehlgeschlagenen Revolution auf Delta Happa Happa dort niemand mehr brauchte. Die Tatsache, dass jede dieser Kanonen drei Munitionsträger brauchte, machte sie für die Jedi bei einer damaligen Mitgliederzahl von acht jedoch vergleichsweise unerschwinglich.
Es galt dementsprechend etwas zu finden, das sowohl den ästhetischen als auch praktischen Ansprüchen des Vereines genügte. Hierbei wäre schlussendlich ein Zusammentreffen des Vereinskassenwartes mit dem Chefentwickler der Firma Happy Garden in einer Weltraumrockerkneipe auf Bagel IV ausschlaggebend gewesen. Während eben dieses Treffens hätte der redselige Gartengeräteentwickler nach drei Gläsern virgilisischen Wurmsektes seinem Gegenüber stolz die Lasergartenprototypblaupausen präsentiert.
Bei einer kurz darauf anberaumten Jedivereinssitzzung wäre zunächst wohl tatsächlich darüber nachgedacht worden, fortan die Happygardenlasergartenschere im Gürtel zu führen. Dabei sei man jedoch zu dem Schluss gekommen, dass ein Haufen Männer mit glühenden Gartenscheren nur etwas bedingt Bedrohliches hatte, und es folglich besser wäre, die Weiterentwicklung der Erfindung in die eigene Hand zu nehmen.
Das Ergebnis wäre das, im Gegensatz zur Gartenschere in verschiedenen Farben erhältliche Lichtschwert gewesen, dessen Erwerb jedoch nur mit gültigem Jedi-Clubausweis möglich war.
Dem angeklagten gemeinnützigen Verein gelang es während des Prozesses vor allem durch grammatikalisch vollkommen verquaste Ausführungen (wie sie später von einem gewissen Meister Yoda vervollkommnet werden sollten) und einen ungewöhnlichen Zeugen, mit einem blauen Auge davonzukommen.
Es war im nachhinein offensichtlich, dass der Chefentwickler des Happy Garden Konzerns lediglich versäumt hatte, das Funktionsprinzip des Gerätes zu patentieren. Ebenso offensichtlich war, dass die Jedi es gestohlen hatten. Dennoch sollte es ihnen gelingen, einen Zeugen aufzurufen, der ihnen nachträglich eine vorträgliche Legitimation von allumspannender Bedeutung zuteil werden lassen sollte. Bei diesem Zeugen handelte es sich um den Pressesprecher des Institutes für präkognitiv prognostizierte historische Alternativen, das ehemals staatliche und nunmehr privatisierte Orakel von Pogon Alpha.
Der Mann übermittelte dem Gericht zwei zukünftige Alternativen:
1. Wenn Happy Garden den Prozess gewann, würde die Firma im Verlauf von 1000 Jahren mehrere hundert zauberhafte Gärten und Parks anlegen, unzugängliche Waldgebiete von Coruscant bis Naboo wegbar machen und dabei die Zahl der Gartenunfälle um über 700% Prozent steigern.
2. Wenn die Jedi Recht bekämen, würden diese während der nächsten 1000 Jahre hart trainieren, sich selbstständig bilden und sich annähernd ausrotten lassen, um dann zuletzt das Universum zu retten.
Vor allem zwei Aspekte dieser Vorhersage begründeten den Ausgang des Prozesses:
Rettung des Universums klang gut, und eine 700%ige Steigerung von Gartenunfällen hätte zahllose Überstunden für das Gericht bedeutet.
Auf diese Weise gelang es also den Jedi, diesen Prozess entgegen aller Indizien zu gewinnen und dadurch die Happy Planet GmbH, die voll auf das neue Produkt ihrer Tochterfirma gesetzt hatte, vollkommen zugrunde zu richten.
Was hierauf folgte, war beinahe klar:
Der Geschäftsführer von Happy Planet enthauptete sich selbst mit einer HappyCut 3000, und die Jedi begannen hart zu trainieren.

Ich betrachte diese Entwicklungen als ein Fanal der freien Marktwirtschaft, und möchte darum vor allem die drei Fakten herausstellen, die an ihrem Ende stehen:

Der erste Fakt, bis heute den wenigsten bekannt, ist, dass die Geschichte der ehrbaren Jedi - deren Gemeinnützigkeit ihnen übrigens nach einem Vereinstreffen auf dem Bordellplaneten Meretrix 5 aberkannt wurde - mit dem Ruin eines mittelständischen Gartengeräteherstellers begann.

Der zweite, beinahe ebenso wenigen Leuten bewusst, ist der, dass die größte Revolution in Sachen Gartenarbeit, die HappyCut 3000, einem Komplott zum Opfer fiel.


Einzig der letzt Fakt, darf getrost als allgemein bekannt erachtet werden:
Bis heute vermochte die Gartenschere sich als Nahkampfwaffe nicht durchzusetzen.


ENDE



© christian von aster
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